Bei der Leistenhernie (Leistenbruch) geht es um einen Defekt in der Bauchwand, durch welche Baucheingeweide austreten und entsprechend Beschwerden auftreten können. Der Patient bemerkt meist eine Vorwölbung in der Leiste, die im Stehen mehr hervortritt als im Liegen. Typisch sind auch brennende und z.T. klemmende oder stechende Beschwerden. 

Beispiel einer direkten Leistenhernie der rechten Seite von innen betrachtet.
  1. Bauchdecke
  2. Harnblase
  3. Bauchfell
  4. Direkte Leistenhernie
  5. Innerer Leistenring

Bei den endoskopischen oder laparoskopischen Hernienoperationen werden routinemässig Kunststoffnetze in die Bauchdecke eingepflanzt, um das vorhandene Loch effizient zu verschliessen. Der bedeutendste Vorteil dieser Technik ist die Tatsache, dass kein Gewebe unter Zug genäht, sondern ein Netz ohne Spannung implantiert wird. Diese spannungsfreie Technik erlaubt es dem Patienten, nach der Operation mit wenig oder keinen Schmerzen bald aufzustehen und nach Hause zu gehen.

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Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Da die Leistenbruchoperation ein geringes Risiko für den Patienten bedeutet, kann sie auch bei älteren Menschen durchgeführt werden. Der Betroffene muss natürlich derart gesund sein, dass eine Narkose durchgeführt werden kann. Grundsätzlich wird beim Vorhandensein eines Leistenbruchs die operative Therapie vorgeschlagen. Bei kleineren und nicht symptomatischen Hernien kann man auch zuwarten. Selten kann ein Bruch einklemmen, was dann meist eine notfallmässige Operation zur Folge hat.

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Was passiert vor der Operation

Am Nachmittag des Vortages oder am Morgen des Operationstages tritt der Patient ins Spital ein. Je nach Alter und Gesundheitszustand werden verschiedene Abklärungen vorgenommen. Möglicherweise wurde ein Teil oder alle Untersuchungen bereits vom Hausarzt durchgeführt. In diesen Fällen müssen die Untersuchungen nur nach Anweisung des behandelnden Chirurgen oder Anästhesisten wiederholt werden. Der Anästhesist klärt Sie über die Narkose-Technik auf. Das Blutungsrisiko während und nach der Operation ist derart minimal, dass praktisch nie Bluttransfusionen verordnet werden, entsprechend ist auch die Eigenblutspende nicht sinnvoll. Am Vorabend oder kurz vor der Operation werde ich als behandelnder Chirurg Sie persönlich besuchen und auf allfällige Fragen Antwort geben. Die vorgängige Aufklärung in der Sprechstunde ist in der Regel derart umfassend, dass oft keine Fragen mehr gestellt werden. Bei Fragen oder Problemen können Sie sich auch jederzeit an das qualifizierte Pflegepersonal des Spitals wenden.

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Was wird bei der Operation genau gemacht

Die Operation wird in Vollnarkose durchgeführt, weil das bei dieser Operationstechnik verwendete Gas (CO2) sonst zu Schmerzen führen würde. Nach Einleitung der Narkose wird die Laparoskopie (Bauchspiegelung) vorgenommen. Seit Jahren verwenden wir den endoskopischen Zugang, d.h. die Operation wird ausschliesslich in der Bauchdecke ohne Eindringen in die Bauchhöhle durchgeführt. Für die endoskopische Hernienplastik braucht es drei verschiedene Zugänge mit einer Grösse zwischen 5 und 12 mm. Als Variante kann auch laparoskopisch vorgegangen werden, bei dieser Technik braucht es in der Regel 4 Zugänge. Wir verwenden spezielle Röhrchen (Trokare), mit welchen in die Bauchdecke eingegangen wird. Durch den ersten Trokar wird CO2-Gas eingeblasen, um Platz für die Operation und schliesslich die Implantation des Kunststoffnetzes zu erhalten. Mit zwei zusätzlichen Trokar-Zugängen wird der Raum vor dem Bauchfell präpariert.

Der zum Bauchfell gehörende Herniensack wird mitsamt dem Bruchinhalt aus der Bruchlücke zurückgezogen.
  1. Direkte Leistenhernie
  2. Innerer Leistenring (mögliche zusätzliche Bruchpforte)

Der zum Bauchfell gehörende Bruchsack wird zurückgezogen und die Bruchlücke schön dargestellt. Bei grossen Lücken wird versucht, durch Nähte den Defekt etwas einzuengen, damit später das Netz nicht durch die Lücke rutschen kann.

Zur Verstärkung der Bauchdecke wird ein 14x12 cm grosses Kunststoffnetz verwendet, um alle vorhandenen Bruchpforten effizient abdecken zu können. Nicht selten zeigen sich nebst der eigentlichen Hernie noch andere Bruchpforten, die es zu verschliessen gilt. Das Kunststoffnetz wird zusammengerollt eingeführt und an korrekter Stelle platziert. Zur Befestigung wird das Netz mit Plastikankern fixiert. Diese lösen sich mit der Zeit von selbst auf. Das verwendete Kunststoffnetz weist zwei Komponenten auf; die eine Hälfte des Netzes löst sich mit der Zeit ebenfalls auf, während die anderen 50 % im Gewebe verbleiben und helfen, die Bauchdecke zu verstärken.

Die Grösse des Netzes wird derart gewählt, dass alle möglichen Bruchpforten abgedeckt werden können. Die Kreise bezeichnen die möglichen Hernien in der Leiste.
  1. Direkte Hernie
  2. Indirekte Hernie
  3. Femoral- oder Schenkelhernie

Das verwendete Gas hilft während der Operation, den Raum zwischen der Bauchdecke und dem Bauchfell (in der Grafik gelb gezeichnet) offen zu halten. Am Schluss des Eingriffs wird das Gas abgelassen, dabei wölbt sich das Bauchfell nach vorne und legt sich wieder der Bauchdecke an. So verschliesst sich der Raum von selbst und das Netz bleibt in den Schichten gefangen.

Im Bereich der beiden grösseren Trokar-Zugänge wird je nach Fall die Bauchdecke mit einer Naht adaptiert, ansonsten wird lediglich die Haut mit Nähten verschlossen. Heute verwenden wir routinemässig versteckte Hautnähte, die sich später selbst auflösen.

Während der endoskopischen oder laparoskopischen Hernienplastik sind Komplikationen extrem selten geworden. Gelegentlich kann es einmal aus einem Bauchdeckengefäss bluten. Kleinere Bauchfellverletzungen können auftreten, diese sind aber meist problemlos und führen lediglich zum Übertritt des CO2 in die Bauchhöhle. Dies kann nach der Operation vermehrt zu Muskelkater und gelegentlich auch Schulterschmerzen führen.

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Was passiert nach der Operation

Noch am Operationstag kann man wieder aufstehen, bald trinken und etwas Leichtes zu sich nehmen. Die Beschwerden nach der Operation sind meist gut erträglich, da dank der minimal-invasiven Technik die Bauchdecke nur leicht verletzt wird und die Wundschmerzen entsprechend gering sind. Gelegentlich kann es als Folge des Aufblähens der Bauchhöhle während der Operation zu einer Art Muskelkater und Schulterschmerz als Ausdruck einer Zwerchfellreizung kommen. Auch diese Beschwerden sind oft derart gering, dass in der Regel schwache Schmerzmittel in Tablettenform zur Therapie völlig ausreichen. Am zweiten Tag nach der Operation wird der erste Verbandwechsel vorgenommen. Bei den kleinen Hautschnitten reicht als Verband ein einfacher Schnellverband.

Zur Vermeidung einer Unterschenkelvenen-Thrombose ist es wichtig, sich viel zu bewegen und die bereits vor der Operation angepassten Kompressionsstrümpfe konsequent zu tragen. Zusammen mit einer täglich verabreichten Spritze ("kleine Blutverdünnung") sollten diese Massnahmen wirksam helfen, einer Thrombose oder Embolie vorzubeugen.

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Wann kann man nach Hause gehen

Bei problemlosem Verlauf kann man nach drei Tagen das Spital verlassen. Ziehende und belastungsabhängige Beschwerden in der Leistenregion sind normal und lassen sich mit Schmerztabletten gut behandeln. Bei versteckten und sich selbst auflösenden Hautfäden erübrigt sich eine Fadenentfernung.

Während dem Spitalaufenthalt oder erst zu Hause kommt es gelegentlich zu einer Blauverfärbung der Haut (Hämatom) unterhalb der Leiste oder Richtung Hoden. Dieses Hämatom ist normalerweise schmerzfrei, hat entsprechend keinen Krankheitswert und verschwindet in 10 – 14 Tagen spontan.

Eine konsequente körperliche Schonung ist während den kommenden zwei Wochen eine der Voraussetzungen, dass keine Komplikationen auftreten. Insbesondere besteht sonst die Gefahr, dass sich das implantierte Kunststoffnetz verschiebt, was die erneute Ausbildung einer Leistenhernie (Rezidivhernie) zur Folge haben kann. Bei problemlosem Verlauf führe ich normalerweise keine Nachkontrolle mehr durch. Spätestens 2-3 Wochen nach der Leistenbruchoperation ist man wieder voll einsatzfähig.

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Wie sieht der Langzeitverlauf aus

Ein Monat nach der Operation sind leichte z.T. ziehende Beschwerden noch möglich. Diese haben aber eine sehr schwache Intensität und verschwinden mit der Zeit.

Viel wurde über die möglichen Nachteile eines Kunststoffnetzes in der Leiste (Infektion, Fremdkörperreaktion, Abstossung etc.) diskutiert. Bei der laparoskopischen Technik sind Infektionen praktisch nicht möglich. Durch die Verwendung der neueren Generation Kunststoffnetze ist auch mit einer Fremdkörperreaktion nicht zu rechnen. Eine eigentliche Abstossungsreaktion haben wir noch nie gesehen.

Die unangenehmste Komplikation nach Bruchoperation ist sicher die Rezidivhernie, das heisst die Ausbildung einer neuen Hernie auf der gleichen, bereits operierten Seite. Nach Implantation eines Kunststoffnetzes kann dies nur dann auftreten, wenn das Netz am Rand aufgerollt resp. das ganze Netz verschoben ist und damit ein Teil der Bruchlücke nicht mehr bedeckt ist. So kann es wieder zur Hernie kommen, die dann mit einer zweiten Operation (meist dann nach Lichtenstein) behandelt werden muss. Dies kommt aber nur in etwa 3-5 % der Fälle vor.

Aus diesem Grund empfehle ich den Patienten, sich während den ersten zwei Wochen nach der Operation konsequent körperlich zu schonen. In dieser Zeit wird nämlich das Kunststoffnetz von Narbenzellen durchwandert und entsprechend in das Gewebe integriert. Wenn dieser Prozess einmal abgeschlossen ist und das Netz in dieser Zeit nicht verrutscht ist, kann keine Rezidivhernie mehr entstehen.

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Was sind die Vorteile gegenüber der konventionellen Hernienoperation

Die endoskopische Hernienplastik hat bedeutende Vorteile gegenüber den konventionellen, offenen Methoden wie Shouldice und Lichtenstein. Bedingt durch die kleineren Hautinzisionen kommt es praktisch nie zum Wundinfekt oder zur grossen Hämatombildung. Zudem führt die spannungsfreie Technik zu geringeren postoperativen Beschwerden. Schliesslich ist auch aus Studien bekannt, dass bei Verwendung eines Kunststoffnetzes die Rezidivrate deutlich gesenkt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass eine körperliche Schonung während zwei Wochen absolut genügend ist. Nach dieser Zeit ist das Netz derart ins Narbengewebe integriert, dass keine Rezidivhernie mehr auftreten kann.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die laparoskopische Hernienplastik bei uns die Standardoperation der Leistenhernie darstellt. Die Operation nach Lichtenstein wird vorgeschlagen, wenn eine Rezidivhernie nach endoskopischer Technik auftritt. Die Shouldice-Operation ohne Netzeinlage hat nur noch einen Platz bei sehr jungen Patienten, wo die Gewebequalität genügend gut ist, um eine sichere Hernienplastik ohne Netz durchzuführen.